#1

Politik fordert Pausenregelung. Regelmäßige wöchentliche Ruhezeit

in Neuigkeiten - Aktuelles 03.12.2014 06:54
von Gigaherz • Topmitglied | 9.432 Beiträge | 6441 Punkte

Die Länder Frankreich und Belgien haben entschieden, dass Lkw-Fahrer ihre regelmäßige wöchentliche Ruhezeit nicht mehr in der Kabine verbringen dürfen. In Deutschland ist die Politik noch nicht soweit. Das soll sich ändern. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik hat eine entsprechende Empfehlung vorgelegt.


Die verschärften Kontrollen in Frankreich und Belgien haben Folgen für den internationalen Güterverkehr. Immer mehr Fahrer suchen Parkplätze und Raststätten in Deutschland nahe der Grenzen zu Frankreich und Belgien auf. Vor Ort führt dies zu Problemen. In der jetzt vorgelegten Empfehlung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Fahrpersonalgesetzes fordert der Ausschuss die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass das Verbringen der wöchentlichen Ruhezeit im Lkw oder dessen unmittelbarer Nähe in einer nichtfesten Unterkunft durch Rechtsänderungen verhindert wird.

Möglichst schnell sollte die Regierung eine entsprechende Regelung erlassen, fordert der Ausschuss in seiner Empfehlung. Kommt keine europarechtliche Regelung zustande, sollte die Regierung eine entsprechende Regelung für Deutschland erlassen.

Unternehmen sollen für geeignete Unterkunft sorgen

Diese Regelung sollte insbesondere dafür Sorge tragen, dass Fahrer, die die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit auf Grund der Disposition des Unternehmers nicht am Standort des Fahrzeugs oder am Wohnort nehmen können, sie während der gesamten Dauer in einer für den Erholungszweck geeigneten festen Unterkunft mit geeigneten Sanitäreinrichtungen und ausreichenden Versorgungsmöglichkeiten verbringen können. Hierfür hat der Unternehmer zu sorgen. Eine Bußgeldbewehrung dieser Regelung ist zu schaffen, fügt der Ausschuss an.

Der Bundesrat begründet seine Initiative auch mit Presseberichten, wonach Fahrer die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit im Lkw verbringen.


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#2

RE: Politik fordert Pausenregelung. Regelmäßige wöchentliche Ruhezeit

in Neuigkeiten - Aktuelles 03.12.2014 06:56
von Gigaherz • Topmitglied | 9.432 Beiträge | 6441 Punkte

Kontrollen in Belgien
Rundumschlag



Wieder einmal zeigt Hauptinspektor Raymond Lausberg, wie man Verstöße gegen die Sozialvorschriften erfolgreich kontrolliert – und ahndet.


Der Abend ist frühsommerlich warm und im Besprechungsraum der Autobahnpolizei von Battice straft Hauptkommissar Raymond Lausberg seine deutschen Kritiker Lügen, die behaupten, er sei von seinem Dienstherrn "zurückgepfiffen" oder sogar "strafversetzt" worden. Im größten europäischen Transitland für den Straßengüterverkehr sind Mitarbeiter von Polizei und BAG nicht gut auf Lausberg zu sprechen. Denn der Belgier verfolgt beharrlich all die Transportunternehmen, die ihre vornehmlich osteuropäischen Fahrer ausnutzen, um sich im Wettbewerb über den Preis Vorteile zu verschaffen.
Auch an diesem Tag ist Lausberg nicht etwa dazu verdonnert, in einem Kaff an der Nordsee am Strand zu patrouillieren. Als Einsatzleiter von 18 gut ausgebildeten Polizeibeamten einer Schwerlastkontroll­gruppe bereitet er vielmehr eine konzertierte Aktion gegen das Sozialdumping vor. Und zwar an der E  40, einer der wichtigsten Autobahnen des Landes, über die täglich mehr als 7.000 Lkw donnern. "Es sind zwar nur viele kleine Nadelstiche gegen illegale Machenschaften im Transport", sagt Lausberg. "Aber unsere ­Erfolgsquote kann sich sehen lassen."

Die Nutzlast ist ausgereizt

Nachdem er freundlich, bestimmt und mit unnachahmlichem Witz die Strategie der Nachtaktion erklärt und die möglichen Kontrollpunkte zwischen Eupen und Lüttich auf eine Tafel gezeichnet hat, rücken die Polizisten mit neun Zivilfahrzeugen aus.
Lausbergs langjährige Erfahrung zeigt sich gleich beim ersten Einsatz, als er von einem Parkplatz aus den Verkehr beobachtet. Ein weißer Ivceo-Transporter mit blauem Planaufbau und einer Schlafkabine auf dem Dach rast in bedenklicher Schräglage vorbei. Lausberg gibt Gas, überholt den Kleinlaster mit rumänischem Kennzeichen, schaltet sein Blaulicht ein und lotst den Fahrer auf den Rastplatz L’Arche kurz vor Lüttich. Der Fahrer reagiert gelassen, reicht seine Frachtbriefe heraus und öffnet die Ladebordwand am Heck. Auf den ersten Blick ist hier bereits zu erkennen, dass die Nutzlast "ausgereizt" ist – vorne an der Stirnwand lehnt eine schwere Glasscheibe, dahinter stehen mehrere Paletten. "Alles nur nationale Transporte", fasst Lausberg zusammen. "Auch in Belgien unterbieten Dutzende gut vernetzte osteuropäische Firmen das normale Stückgutgeschäft mit für heimische Unternehmen kaum zu realisierenden Preisen. Dieses Fahrzeug müssen wir auf jeden Fall wiegen."

Die deutschen Kontrollen versagen

Während Lausberg den Transporter zur Waage einer Baufirma im Industriegebiet von Battice eskortiert, hat sich ein anderes ­Kontrollteam den polnischen Fahrer eines in Polen zugelassenen Tankzugs der Spedition Roos aus Durmersheim für eine sehr inten­sive Kontrolle ausgesucht. Es folgt ein erschreckender Beleg dafür, wie die deutschen Kontrollorgane bei der Bekämpfung illegaler Praktiken versagen.

Erst vor wenigen Wochen hatte ein FERNFAHRER-Leser Fotos vom Parkplatz am Tor 15 der BASF in Ludwigshafen in die Redaktion gemailt. Sie zeigen einen Reisebus, dessen Insassen an einem Montagmorgen mit schwerem Gepäck in die weißen Scania von Roos steigen. Die an die BAG-Zentrale in Köln weitergeleitete Frage des Lesers, ­warum beispielsweise das BAG nicht vor Ort kontrolliere, ob die Fahrer ihre Anreise im Bus auch korrekt als Arbeitszeit im Tacho nachtragen, wurde von der Behörde bis ­heute nicht beantwortet.

Ein klares Maß an Ahndung

Anders die belgische Polizei: Mit der ­entsprechenden Software im Laptop wird schnell ersichtlich, dass der polnische Kollege seine Anreise eben nicht als Arbeitszeit nachgetragen hat. Der belgische Gesetzgeber hat den Beamten dazu ein klares Maß für die Ahndung gegeben: 660 Euro kostet der Verstoß, einzulösen vor Ort in bar oder per Tankkarte. Solange ist die Weiterfahrt untersagt.

Dieses Schicksal teilt für diese Nacht auch der rumänische Fahrer des Kleintransporters, weiß Lausberg zu berichten, der nun wieder zum Team gestoßen ist. Der Wiegeschein mit einem Gesamtgewicht von 5.225 Kilogramm ließ ihm gar keine andere Wahl, als dem Fahrer wegen einer Überladung von 49 Prozent ein saftiges Bußgeld von 1.364 Euro abzuverlangen und ihn ­aufzufordern, am nächsten Tag die über­zähligen Paletten abzuladen.
Von der Dienststelle bringt Lausberg gleich noch einen konfiszierten Magneten mit, der es in die lokale Presse geschafft hat. Ein rumänischer Sattelzug mit französischen Kartoffeln war bei einer Routinekontrolle aufgefallen. 5.400 Euro sollte der Fahrer eigentlich zahlen. "Er hat aber nur 5.000 Euro von der Bank bekommen", erzählt Lausberg. "Und da es sehr heiß war und der Lkw schon zwei Tage feststand, haben wir ihn schließlich fahren lassen, bevor aus den Kartoffeln Pommes frites wurden."

Fahren ohne oder alternativ gleich mit zwei Fahrerkarten

Wieder geht es mit dem BMW auf die Bahn. Jede der Sonderkontrollen der Schwerlasttruppe, so berichtet Lausberg, bringe eine Bußgeldsumme zwischen 18.000 und 20.000 Euro ein. Neben den üblichen "klassischen" Verstößen gegen die Lenk- und ­Ruhezeiten immer wieder dabei: Fahren ohne oder alternativ gleich mit zwei Fahrerkarten und, offenbar ein neuer Trend, gefälschte Prüfbescheinigungen bei Lkw aus Ost­europa, deren technischer Zustand nicht wirklich dem entspricht, was der amtliche Stempel vorzugeben scheint. Dann entdeckt Lausberg auf einem kleinen Parkplatz schon von Weitem einen Sattelzug der belgischen Spedition Diabol, die auf ihren in Belgien zugelassenen Trailern mit dem Spruch "Ein Teufel im Transport" wirbt.
"Es ist das Konzept, das für belgische Fahrer Arbeitslosigkeit bedeutet und für ­viele osteuropäische Fahrer die Hölle ist." Der Fahrer sitzt in seinem DAF, Lausberg tritt heran und fragt wie immer höflich nach Frachtpapieren und Fahrerkarte. Ergebnis: Die Zugmaschine ist in der Slowakei zugelassen, auch dieser Fahrer kommt aus Rumänien. Lausberg holt noch einmal seinen Laptop heraus. Dort hat er zu Testzwecken die gängige Software Globofleet installiert. Der Grund zeigt sich sofort, als Lausberg die Gesamtübersicht der letzten 28 Tage abruft: Auf einen Blick lassen die kleinen Länderflaggen erkennen: Der Rumäne hat seine Touren fast immer nur in Belgien beendet. Lausberg fragt nach – und in der Tat war er seit über sieben Wochen nicht mehr zu ­Hause. Übernachtet hat er immer im Lkw. "Ich lasse es diesmal dabei bewenden, den Fahrer ­darauf hinzuweisen, dass das so nicht ge­stattet ist", sagt Lausberg.

Es ist Mitte Mai und Lausberg weiß, dass er nach über einem Jahr, als er zum ersten Mal einen Brief an seinen Verkehrsminister geschrieben hat, einen wichtigen Etappensieg im Kampf gegen das Sozialdumping erwirkt hat. "Der belgische König hat ein neues Gesetz zur Wochenruhezeit unterschrieben."

Maßnahmen gegen den illegalen Wettbewerb mit Fahrern aus Osteuropa

Es geht um Lausbergs Lieblingsthema, das ihm nicht nur in der Fachpresse, sondern auch im deutschen und belgischen Fernsehen eine gewisse Bekanntheit beschert hat. Bei den deutschen Kollegen schien er anfangs nicht sonderlich beliebt zu sein. "Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet und ich werde sogar zu Fachtagungen von Polizei und anderen Kontrollorganen eingeladen, um über meine Maßnahmen gegen den illegalen Wettbewerb mit Fahrern aus Osteuropa zu berichten", erzählt der Polizist.

Am 21. Juni trat das neue Gesetz nun in Kraft: Ein Unternehmer, dessen Fahrer während seiner regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit von 45 Stunden im Lkw angetroffen wird, muss jetzt ein Bußgeld von 1.800 Euro berappen. Auslegungsfachleute deutscher Behörden werden möglicherweise anmerken, dass damit Fahrer, die vor dem Lkw im Zelt schlafen oder im Trailer Karten spielen, nicht unter den dem neuen Bußgeld zugrunde liegenden Artikel 8, Absatz 8 der VO(EG) 561/2006, fallen. Doch solche Wortklaubereien schließt Lausberg aus. "Ein belgischer Staatsanwalt hat mich bereits angerufen, mir gratuliert und gesagt, dass ich mich am Ende durchgesetzt habe." In Deutschland hingegen dreht sich die Interpretation des Gesetzes gerade um 180 Grad.


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#3

RE: Politik fordert Pausenregelung. Regelmäßige wöchentliche Ruhezeit

in Neuigkeiten - Aktuelles 03.12.2014 06:59
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Wissenwertes zur Wochenruhezeit


Pro Woche eine zusammenhängende Ruhezeit von mindestens 24 Stunden – das ist die Grundregel. Abweichungen sind erlaubt, aber kompliziert.



Wer "Wochenruhezeit" hört, vermutet kein brisantes Thema. Weit gefehlt. Erstens herrscht oft Halbwissen, zweitens geht es auch beinhart um die Jobs.

Missachtung hat dramatische Folgen

Die Wochenruhezeit (WRZ) bietet den Fahrern reichlich Stoff für längere Diskussionen, denn die Materie ist kompliziert. Außerdem hat die Missachtung dramatische Folgen für die deutschen Lkw-Lenker. Gemeint sind die ausländischen Kollegen, die hierzulande teilweise wochenlang unterwegs sind, Ladungen durch günstige Frachtraten abjagen und Bestimmungen einfach ignorieren, etwa diese: Die regelmäßige WRZ von 45 Stunden darf "nicht im Fahrzeug" verbracht werden.

Spätestens nach sechs 24-Stunden-Zeiträumen muss eine wöchtenliche WRZ sein

Doch wie ist diese WRZ geregelt? Die VO(EG) 561/2006 schreibt vor, dass spätestens nach sechs 24-Stunden-Zeiträumen eine wöchentliche WRZ genommen werden muss. Dieser Zeitraum beträgt 45 Stunden und wird "regelmäßige Wochenruhezeit" genannt. Doch der Gesetzgeber hat auch hier die Möglichkeit gegeben, die Dauer zu reduzieren und zwar auf mindestens 24 Stunden. Somit haben wir hier eine "reduzierte Wochen­ruhezeit". Die fehlende Zeit muss ausgeglichen werden. Dieser Ausgleich hat spätestens am Ende der dritten darauffolgenden Woche zu erfolgen und muss an eine andere Ruhezeit von mindestens neun Stunden angehängt werden. Diese Ruhezeit ist im Gesetz nicht näher definiert und kann somit eine tägliche Ruhezeit, eine reduzierte oder regelmäßige WRZ sein.

Auch verlängerte Tagesruhezeiten sind möglich

Ein Ausgleich für die Reduzierung der regelmäßigen WRZ kann in der Folgewoche auch durch verlängerte Tagesruhezeiten (etwa 17 Stunden anstatt 11 Stunden = sechs Stunden Ausgleich) erfolgen. Der Ausgleich für die Reduzierung muss also nicht, kann aber am Stück genommen werden.

Weiterhin ist vorgeschrieben, dass ent­weder zwei regelmäßige Wochenruhezeiten oder eine regelmäßige und eine reduzierte WRZ im Wechsel eingelegt werden müssen. Somit können nicht zwei reduzierte Ruhe­zeiten nacheinander genommen werden.

Die 45-WRZ darf nicht in der Kabine verbracht werden

Es ist auch erlaubt, dass die täglichen Ruhezeiten und die reduzierte WRZ im Fahrzeug verbracht werden, wenn eine geeignete Schlafmöglichkeit für den Fahrer vorhanden ist und er nicht fährt. Die regelmäßige WRZ von 45 Stunden darf hingegen nicht in der Kabine verbracht werden.

Sobald eine WRZ eingelegt wurde, beginnt ein neuer Berechnungszeitraum von maximal sechs 24-Stunden-Zeiträumen. Grundsätzlich gilt, dass für jede Woche (Zeitraum: Montag, 0.00 Uhr, bis Sonntag, 24.00 Uhr) nur eine einzige WRZ, egal ob regelmäßig oder reduziert, berücksichtigt werden kann – also eine WRZ für eine Woche.


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